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zur Büchersammlung, zu den Herbarien und zu den öffentlichen Demonstrationen. Die Büchersammlung ist wahrscheinlich die vollständigste in Europa. Am reichsten ist sie an áltern Schriften, die Sherard aufs mühsamste bis zum Jahre 1726 sammelte. An neuern Schriftstellern wird sie bis jezt noch von der Banks'schen Bibliothek übertroffen; doch hat Professor Sibthorpe (of Lincoln College) auch diesem Mangel abzuhelfen gesucht. Rudbeck's campi Elisii sind vollständig hier; sie existiren außerdem nur in Upsal und bei Sir Joseph Banks, alle andere Eremplare sind verbrannt. Die Orchis, Serapias und Irisarten sind in Holzschnitten vortrefflich darin abgebildet.

Eine Sammlung ausgemalter Zeichnungen von japanischen Pflanzen ist überaus sauber und ohne Vergleich deutlicher als die oft citirte Sudelei von Menzel, die man Flora Japanica nennt. Ein Japanese, der nach Orford kam, hat mehrere dieser Pflanzen benannt.

Etliche Volumina indischer Pflanzenzeichnungen, die Boerhave, kaufte und die noch ungestochen sind.

Herbaria. Das von Dillenius, aus dem viele Pflanzen durch Raub in die Heinische Sammlung kamen. Originalzeichnungen von Dillenius zum hortus Eltamensis, zur historia muscorum, ebenfalls noch ungestochen. Sammlung von Kryptogamisten, aufgeklebt, eben so wie sie in der historia muscorum gestochen sind. Herbarium von Sherard, nebst dem Banks'schen und Linneischen wohl das erste in der Welt. Als Dr. Sherard Konsul zur Smyrna war, schickte er junge Leute durch den ganzen Orient, um Pflanzen zu sammmeln; auch vergröBerte er seine Sammlung ansehnlich durch Ankauf aller Dubletten aus dem Tournefort'schen Herbarium und durch Geschenke. Sir Joseph Banks erstaunte, als er von der Südsee zurückkam, hier Pflanzen aus Neuholland zu finden. Sie waren von Dampier hierher geschenkt. Dr. Sibthorpe ist damit beschäftigt, das große Sherardische Herbarium nach dem Linneischen System zu ordnen. Es enthält auch viele Pflanzen von Vaillant, Bocconi und Micheli Fiorentino. Herbaria von Morison und Scheuchzer.

Der botanische Garten enthält einzelne Seltenheiten; im Ganzen aber weder eine solche Varietát von Pflanzen als der Göttinger oder Salzwedelsche, noch so alte und prächtige Eremplare als der Berliner oder Amsterdamer. Eine große Zierde dieses Gartens ist die vollständige Sammlung inländischer englischer

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Gewächse, welche auf einem eigenen Quartiere kultivirt werden. Mehr Grasarten sind wohl kam in Erlangen zu finden, als hier. Zwei Gewächshäuser, größer als die Göttinger, aber ohne Vergleich kleiner als die Berliner. Eine neue Grasart, deren Blätter wie Eitronen riechen, vermuthlich eine Agrostis, hat nie geblüht. Aus dem Archipelagus hat Sibthorpe viele neue Spe= cies gebracht, Hesperis, Thymus, Verbascum, Campanula, neue Gråser alle wohlriechend. Nachdem er den größten Theil von Spanien, Frankreich, Deutschland und der Schweiz durchreist war, ging er mit Bauer (deffen Bruder mit dem jungen Jacquin nach London zu Banks kam) von Wien nach Neapel; von Neapel im Sommer auf einem englischen Schiffe nach dem Archipelagus. Dort schifften sie mit einem kleinen Boote, das von fünf Mann gerudert wurde, von einer Insel zur andern. Sie besuchten den Peloponnes, einen kleinen Theil von Macedonien (wegen der Unsicherheit), Negropont, Rhodus, Cephalonia, das dürre Cypern u. s. w. und Candia, die pflanzenreichste Gegend im Jonischen Meere. Den Winter brachten fie in Pera zu, wo ihnen Hawkins nachkam: und den zweiten Sommer gingen sie mit Hawkins und einem englischen Capitain auf einem venetianischen Schiffe wieder nach den griechischen Inseln in Kleinasien. Im Herbst kehrten sie über Italien zurück. Morina Persica bedeckt den ganzen Parnaß. Der Helleborus der Alten ist eine neue Species, ein Mittelding zwischen Helleborus niger und viridis; doch dem lekteren nåher. Arbutus Andrachne ist es, dessen Dioscorides erwähnt, nicht Arbutus Unedo, wie die Kommentatoren glauben. Es ist der gemeinste, aber wegen seiner glatten, vielfarbigen Rinde, auch der schönste Baum auf den griechischen Inseln. Weder Dianthus caryophyllus, noch Rosa centifolia, fand Sibthorpe irgendwo wild, wohl aber den seltenen und über alle Beschreibung prächtigen Dianthus fruticosus und Dianthus arboreus. Bei Paros, an einem Tempel, fand Sibthorpe noch denselben Laurus nobilis, den Pausanias beschreibt. Ueberhaupt wird Sibthorpe an fünfhundert neue Species, aus dem griechischen Meere herausgeben. Zeichnungen brachte er gegen tausend mit.

Lizari ist korrumpirt von Rizari, schlechtweg die Wurzel, wegen der Wichtigkeit der Pflanze. Diefe wahre Rubia tinctorum fand Sibthorpe noch eben da in der Gegend von Athen, wo Dioscorides ihre Kultur beschreibt. Ein Grieche versicherte

Sibthorpe'n im Archipelagus; daß der obere Theil der Euphorbia Apios Erbrechen, der untere Durchfall verursache. Das große Specimen von Myrtus Pimenta im orfordischen Garten hat folia decussata opposita. Die Türken essen die Frucht vom Prunus Laurocerasus. Sibthorpe selbst konnte nicht ausfindig machen, welche Gattung von Papaver das Opium gibt. Es scheint ihm Papaver orientale zu sein. Er zeigte Ladanum vor, das er selbst vom Cistus creticus gesammelt; auch ächtes Balsamum Meccae, das dem englischen Gesandten aus dem Se rail geschenkt war. Sibthorpe glaubt, es komme von Amyris Opobalsamum; eine Fabel, die ja schon Gleditsch widerlegt hat. Der botanische. Cursus in Oxford dauert nur sechs Wochen.

14. Dover.

Den 28. Jun. Abends 9 Uhr.

Diesen Spaziergang am Strande gåb' ich nicht um vieles! Es war etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang; der Himmel blau und heiter und wolkenleer über uns. Das Meer rauschte auf den Kieseln des abschüssigen Strandes fast ohne Wellen; denn ein sanfter Morgenwind hauchte nur långs feiner Oberfläche hin, und die Ebbe milderte die Gewalt der majestätisch anprellenden großen Kreise, die der Krümmung des Ufers parallel in schäumenden Linien verrauschten. - Hinter uns hing Shakspeare's Felsen hoch und schauervoll in der Luft: eine thurm ähnliche, senkrecht abgestürzte Maffe, fünfhundert Fuß über der Meeresfläche erhaben, weiß und nur mit etwas daran hangendem Grün verziert. Links auf einer ähnlichen doch etwas mindern Höhe, über dem Kieselstrande, straubten sich im magischen Lichte der Dämmerung die malerischen Thürme des Schlosses von Dover, gleichsam vor dem Sturz, an dessen Rande fie standen. Und jenseits des blauen Meeres, das links und rechts im unabsehlichen Horizont sich verlor, lag Frankreichs weiße und blaue Küste in manchen hervorspringenden Hügeln vor uns hingestreckt. Sowie wir dieses Schauspiel betrachteten und von einem Gegens stande zum andern unsere Blicke wandern ließen, wachten neue Empfindungen in uns auf. - - Plöglich, indem ich die felsenähnlichen Spigen des Schlosses betrachtete, that mein Reisegefährte einen Schrei des Erstaunens und Entzückens. Ich wandte

mich um und fah über dem Ufer von Calais ein aufloderndes Feuer. Es war der Vollmond, welcher göttlich aus dem Meere stieg und allmålig sich über die Region der düstern Dünfte erhob. Welch' ein Anblick von unbeschreiblicher Einfalt und Pracht! Bald höher und höher emporschwebend, schickte er von Frankreichs Ufer bis nach Albion herüber einen hellen Lichtstreif, der wie ein gewässertes Band zwischen beiden Ländern eine täuschende Vereinigung zu knüpfen schien. Im Dunkel, das långs der Felsenwand unter dem Schloffe herrschte, flimmerte ein Licht romantisch hervor; über Shakspeare's Cliff hing ein schöner Stern im weißesten Glanze nieder. O Natur! die Größe, womit du die Seele erfüllst, ist heilig und erhaben über allen Ausdruck. Shakspeare's Cliff nannten uns die Knaben, wie sie am Strande spielten, bei diesem geliebten Namen.

IV.

Rückreise von England.

1. Fahrt von Dover nach Calais.

Am 29. Jun.

Zur Rechten von Dover am Ufer ist Shakspeat's Felsen, zur Linken Dover Cliff, sehr abgestürzt. Auf der Fläche in der Mitte des Busens ist die Stadt gebauet und hinter der Stadt sieht man wieder einen hohen Kreidefelsen, der nackt und fast ohne alle Vegetation ist. Am Ufer liegen unzählige abgerundete Feuersteine.

In dem Kanale gibt es unzählige Delphine. Phocaena, sechs bis sieben Fuß lang, die sich wälzen u. f. w. Sie sollen Sturm prophezeihen, weil sie nur bei stiller See zum Vorschein kommen. Die Franzosen essen sie und machen auch Del daraus.

Am Ufer findet man keine Conchylien, keine Zoophyten, auch bei Calais nicht, da sie doch bei Dünkirchen so häufig sind. Die Fluth treibt sie wohl durch den Kanal und wirft sie an die vorstehende belgische Küste.

Während der Ueberfahrt bei Sonnenschein bemerkten wir sonderbare, leuchtende Punkte im Waffer, die eigenthümliches Licht zu haben schienen.

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Die Ufer von Calais sind niedrig und haben nicht, wie die entgegengesetten, vorstehende Kreidefelsen, daher kann man von Dover aus wohl die hohen Felsen bei Boulogne, aber nicht die Küste von Calais sehen. Auf dieser Küste liegen auch keine Feuersteine.

2. Auf der Reise nach Paris.

Den 30. Jun. seßten wir in einer plumpen, schweren, achtsißigen, französischen Kutsche die Reise durch die Picardie fort. Die Kreideberge zu beiden Seiten des Kanals ähneln sich vollkommen. Welche Katastrophe zerriß sie? Abstürze auf beiden Seiten zeigen sich hier und da; doch mehr in einem fort an der englischen Küste.

Wir fahen den Ort, wo der unglückliche Pilatre du Rosier mit seinem Gefährten Romain hinunterstürzte. Seine Ge liebte erwartete ihn in Dover, ward wahnsinnig und starb. Schon schwebte er weit über dem Kanal als plöglich der Wind sich in der obern Region ånderte und ihn wieder über das Land führte. Auf einmal sah man den Ballon Feuer fangen und stürzen.

In Boulogne sur mer, einer ziemlich großen Stadt, an einem kleinen, unbequemen Fischerhafen, frühstückten wir. Die unendliche Munterkeit der französischen Soldaten, in einer Schenke uns gegenüber, ergößte uns sehr. Sie fangen ohne Aufhören. Der Franzos, der bei uns war, ließ von Zeit zu Zeit aus dem Wagen oder aus dem Fenster des Gasthofes ein lautes: Vive la Nation! erschallen, welches mit allgemeinem Jauchzen er widert ward.

Die Kutsche fährt langsam, höchstens anderthalb Lieues in einer Stunde. Der Weg ging durch eine schöne, reich bez bauete, offne Gegend. Die Landschaft hat einen andern Charak ter als die englische, weil die Felder nicht mit lebendigen Hecken umzåunt sind.

Zwischen Abbeville und Amiens ist ein großer Torfmoor. Den Jahrmarkt, der eben in Amiens war, fanden wir sehr årm

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