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lich, und hörten große Klage über den Stillstand der Plüchefabriken und anderer Wollmanufakturen, wegen des Kommerztraktates. Die Stadt ist ansehnlich und hat schöne Promenaden.

Es gibt in der Picardie viele englische Schafe. Die beste Wolle findet man bei Calais; doch ist sie schlechter als die englische. Liegt die Ursache hiervon im Klima? schwerlich. Oder in der Behandlung? der Fütterung? Die Weiden sind hier freilich gewiß schlechter als am Avon.

3. Rückreise von Paris.

Von Paris reisten wir den 6. Julius über Livry und Cloye nach Meaur, welches eine alte, sehr schöne Kathedralkirche hat. Die Straße ging durch eine reiche Gegend, mit schönem Anbau und einer herrlichen Allee von Bäumen långs dem Wege. La Ferté sous Jouarre ist hübsch gelegen. Hier gibt es viele Berge, Sandstein; wenig Anbau. Die Marne und ihre Ufer sind sehr schön. Bei La Ferté ist eine Manufaktur von Mühlsteinen. Chateau Thierri hat eine herrliche Lage. - Ein großes Thal der Marne, in welchem die Stadt und die Masse von Thürmen aus dichtem Gebüsche hervorragen. Das Schloß steht in der Mitte auf einem Hügel. Die besonders schönen Ulmen machen die Aussicht vorzüglich pittoresk und reich. Der Fleiß und die Arbeitsamkeit des Landvolkes in dieser Gegend geben gute Hoffnungen für die Zukunft, wenn es Früchte seiner Arbeit ernten wird und sie nicht mehr von Andern verschlungen sein werden.

Den 7. Jul. Wir fuhren um drei Uhr ab. Die gestrige Diligence von Meß war voll Deputirter, die nach Paris zogen; auch begegneten uns viele Extraposten mit diesen Herren. Ein reizendes Thal von weitem Umfange öffnete sich vor uns, mit Kalkhügeln umgeben, worauf der Weinbau sehr stark getrieben wird. Die Hügel find schön gelegen und haben einen vortheilhaften Abhang; ihr kreidenartiger Boden scheint ebenfalls dem Weinbau zuträglich zu sein. Im Thale, welches eine große, breite und mehrere Meilen lang zwischen den Hügeln sich hinziehende Ebene bildet, schlängelte sich die Marne zwischen Sandufern wie ein Band von Silberstoff, indem die Morgensonne sie beschien. Die Aecker, Wiesen und Triften dieses Thals sind

von großem Reichthum und unbeschreiblicher Schönheit; über die Rebenhügel ragt ein höherer, wieder mit Korn bebaueter Rücken hervor, der oben mit Waldung und zuweilen mit Städten und Dörfern gekrönt ist. Dieses Thal reicht bis Epernay, welches sehr malerisch am Fuße der östlichen Hügel liegt, wo sie sich auf einer unabsehlichen Ebene verlieren. Wir erreichten diesen Ort um zehn Uhr und seßten uns schon um halb_elf_zu Tische, nachdem wir etwa zwölf Lieues zurückgelegt hatten. Nach Chalons flogen wir auf einer acht Lieues langen Ebene von herrlichem Getreidebau, und um vier Uhr kamen wir dort an, um unser Nachtlager zu halten. Chalons hat alte, schöne Kirchen; ein prächtiges Hôtel de ville; eine schöne, feste, einfache Brücke über die Marne; schöne, regelmäßig angepflanzte Promenaden; viele gute Gebäude. Über die Straßen sind todt und die Einwohner fehlen. Ueberhaupt gibt es in Frankreich mehr große Städte als in England. Aber der Schmuß in den Wirthshäusern, die schlechte Bedienung, das grobe Tischzeug machen das Reisen hier ungleich beschwerlicher. Das Volk in dieser Gegend ist im Ganzen phlegmatischer als in der Picardie. Man findet im Allgemeinen unter den Franzosen vielleicht weniger Naturgaben, Phantasie ausgenommen als unter den Engländern, aber mehr Kultur durch gesellschaftlichen Umgang: daher mehr Leichtigkeit und Artigkeit und zugleich mehr Gleichgültigkeit gegen Reinlichkeit, Bequemlichkeit u. f. w., weniger Luxus.

Den 8. Jul. Die Ebene geht gegen sechs bis acht Lieues fort; sie ist überall bebauet und man sieht fast nirgends einen Baum. Ein fünf Viertel-Lieues langes Dorf liegt längs dem Wege in einiger Entfernung rechts an einem Bach, überall mit Pappeln und Weiden umgeben, die denn hier zur Feuerung die nen. Das Erdreich ist hier sehr arm, kaum drei bis vier Zoll tief, so ist man auf der Kreide. Daher wird schnell gepflügt und viel bestreift; es scheint viel brach zu liegen.

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Man brennt in der hiesigen Gegend Steinkohlen, die un weit Sainte Ménéhould und bei Troies gegraben werden. Bei Sainte Ménéhould (zehn Lieues von Chalons) fångt es wieder an hügelig zu werden. Ein Wald von Obstbäumen erstreckt fich fast ein paar Lieues zwischen Sainte Ménéhould und Elermont; dieser lettere Ort verkauft in guten Jahren für zwölftausend Livres Kirschen. Auf den Bergen von Clermont findet man schöne Waldungen, wovon die vielen Glashütten um Cler

mont guten Gebrauch machen. Das Erdreich ist grauer Kalkmergel.

Von Clermont, wo wir zu Mittag aßen, bis Verdun, fährt man fünf Lieues und über ein Mergelgebirge, welches aus lang= gestreckten, wogigen Rücken besteht und wovon das Gestein nåher nach Verdun zu immer grauer wird und in Thonmergel überzugehen scheint. Hier liegt sehr viel Land brach, weil das Erdreich nicht ergiebig ist. Man sieht indeß doch schöne, reiche Saaten, welche oft ganze Ebenen oder Rücken meilenweit ohne etwas, das den Anblick unterbricht, bedecken. Bei Verdun liegen einige sehr schöne Rebenhügel, worauf guter Wein wächst. Verdun ist kleiner als Chalons, aber ungleich schöner gelegen und besser gebauet. Die Festungswerke werden nicht mehr unterhalten. Die Stadt liegt auf Hügeln, die Citadelle sehr hoch. Die Maas fließt langsam mitten durch die Stadt. Die Wälle, die mit Linden und Hagebuchen herrlich bepflanzt sind, machen den schönsten Spaziergang; die Citadelle mit ihren hohen Wållen und Gråben und schönen Gebäuden, der Fluß, die Stadt unter den Füßen geben ein schönes Gemälde. In Verdun macht man berühmte Dragéen von allerlei Art, Der bischöflische Palast, das Hôtel de Ville und einige Kirchen sind in der That nicht übel.

Den 9. Julius. Bis Mauheule kamen wir über ebenes, wogiges, schön bebautes Land. Die hohe Ebene ist schön gelegen. Hier gibt es keinen Weinbau, aber köstliche Wiesen und Aecker.

Von Mauheule bis zu dem Dorfe, wo wir zu Mittag aßen, hatten wir meistens dieselbe Gegend. Schönen Effekt machen in Lothringen die flachwinkeligen Dächer. Ueberhaupt sind die Dörfer hübsch und es scheint Wohlstand unter den Leuten zu sein. In Mauheule wollte man für ein Butterbrod nichts von uns nehmen.

Wir langten um halb drei Uhr in Meß an. Ungefähr anderthalb Lieues vorher kommt man durch eine tiefe Schlucht, welche zum Theil durch einen zwanzig bis dreißig Schuh hohen Steindamm ausgefüllt ist, über einen Bergrücken, an dessen jenseitigem, jähem Absturze sich das weite schöne Moselthal öffnet. Hier zeigten sich viele schöne Dörfer in Gårten gelegen, Nußbäume, köstliche Rebengebirge ringsum: eine herrliche Aus

sicht auf die Mosel und Meh. In der Schlucht ein fester splittriger, hornartiger Sandfels, darüber gelber Sandstein, mit Austerschaalen, die noch ihr Email hatten. Meß ist eine schöne, große und gut gebauete Stadt. Das Gouvernement ist prachtvoll, der bischöfliche Palast unvollendet. Um die alte Kathedralkirche gehen viele Alleen, Gråben und Wälle. Die Festung wird für die beste in Frankreich gehalten.

Anhang.

I.

Geschichte der Kunft in England.

Bom Jahre 1789.

Mit ganzen Nationen verhält es sich oft wie mit einzelnen Menschen; will man sie mit Billigkeit richten, so muß man ihre Handlungen gegen ihre Kräfte abwågen, und nicht von verschiedenen Kraftmassen gleiche Resultate verlangen. Eine ruhige, parteilose Untersuchung würde uns auch bald belehren, daß diese Kräfte selbst von Organisation, vom Klima und anderen Lokalumstånden zwar immer nicht unabhängig, durch Verfassungen gleichwohl am wesentlichsten afficirt und entweder zur Wirksamkeit hervorgerufen, oder zur Unthätigkeit gebunden werden kön= nen. Wollte man demnach Vergleichungen wagen, so würde unseres Bedünkens, unter übrigens gleichen Umstånden, der Maßstab der Vollkommenheit kein anderer sein, als der Grad der Annäherung zu jenem Ziele der Menschheit, welches wir in der Perfektibilität unserer Anlagen so deutlich erkennen. Irrthum und Wahrheit sind für uns fast so unzertrennlich wie Seele und Leib, wie die Kraft und die Schranken des Daseins; allein von menschlichen Dingen menschlich zu reden, bliebe doch das Land, das Volk, die Verfassung, unserer höchsten Achtung werth, wo das wenigste Vorurtheil herrscht, wo der meiste Gemeinsinn, der thätigste Verstand, der blühendste Wohlstand sich gleichför

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