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als gelehrten", der solche spassige urteile vorbringt, ebenso das verständnis abgehe, „wie für den standpunkt des hauptredakteurs einer wissenschaftlichen zeitschrift, der seinen mitarbeitern erlaubt, derartige äusserungen im disput mit ernsten männern ins feld zu führen“. K. übersieht, dass Rambeau selbst dieses urteil seines freundes, mit dem zusatz: vorausgesetzt, dass es ernst war", als „sehr radikal“ und implicite als „einseitig bezeichnet. Im übrigen habe ich keinen grund, Rambeau und den ungenannten nicht gleichfalls für ernste männer zu halten.

Schliesslich gebe ich gern der überzeugung ausdruck, dass die meinungsverschiedenheit zwischen herrn prof. K. und mir keineswegs so tiefgehend ist, wie er zu glauben scheint. Ich will hier nur auf ein gewiss bezeichnendes zusammentreffen verweisen. In demselben hefte der Engl. Stud., das die seither erörterten bemerkungen enthält, bespricht K. den vortrag Breuls The Training of Teachers of Modern Foreign Languages. Wohl möglich, dass K., wenn er zu einer zeit, wo man von gewisser seite so gern die historische grammatik aus dem prüfungsreglement wieder heraus reglementiren möchte“, Breuls zeugnis für die notwendigkeit historischer sprachstudien auch für den zukünftigen lehrer" hervorhebt, auch an unsere freilich modern, aber deshalb doch ganz gewiss nicht antihistorisch gesinnte zeitschrift gedacht hat. Wie sehr K.s gleichzeitig ausgesprochener wunsch, dass der vortrag wohl am besten durch einen, vielleicht hier und da erweiterten separatabdruck in broschürenform allgemein zugänglich“ werden und die darin ausgesprochenen „gesunden grundsätze in England und Deutschland immer allgemeineren anklang finden“ möchten, auch der unsrige ist, geht auf das schlagendste aus der N. Spr. II s. 424 fl. (mit redaktioneller fussnote) und s. 585 ff. erfolgten veröffentlichung hervor. W. V.

AUFENTHALT IM AUSLAND.

Wir empfehlen wiederholt kollegen. die sich in England studien halber aufhalten wollen, das haus des herrn R. Whitby, M.A., Lewesfell, Clevedon (Somerset) in herrlicher gegend, dicht am meer, nahe bei Bristol. Herr Whitby, der M.A. von London und von Cambridge ist, leitet dort eine kleine schule und bietet kollegen, die zu ihm kommen, die freundlichste aufnahme und beste förderung.

F. DÖRR. K. KÜHN. W. VIETOR.

BERICHTIGUNG ZU BD. II, HEFT 9/10.

S. 569, z. 3 v. u. lies: M. 1.60.

Marburg (Universitäts-Buchdruckerei R. Friedrich).

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Nach den bisherigen darlegungen könnte es scheinen, als ob die grammatik von der methode Gouin ganz und gar vernachlässigt würde. In mehreren französischen und englischen aufsätzen wird eine solche nichtachtung der grammatik dem erfinder der methode grade heraus zum vorwurf gemacht, aber ganz mit unrecht. Gouin ist keineswegs antigrammatiker, er gibt vielmehr zu, dass grammatische unterweisung nötig sei, stellt aber (s. 300) fest, dass der bisherige grammatische lehrbetrieb sich für · die sprachliche entwickelung nicht nur nutzlos, sondern sogar schädlich erweise. Er ist der meinung, der unterricht in der grammatik sei nicht abzuschaffen, sondern umzugestalten.

Doch warum wirft Gouin das bisherige grammatische lehrverfahren als nutzlos, ja als schädlich über bord? Nun, auf grund des leitenden charakterzuges seiner methode, dass jede abstraktion zu meiden und stets nur anschauliches zu lehren sei. Bisher ist dieser forderung nicht genügend rechnung getragen worden. So lehren die altehrwürdigen konservativen vertreter der klassisch - grammatistischen richtung: „Eine sprache lernen heisst wörter lernen und sätze damit bilden; nun aber beruht das bilden von sätzen auf der befolgung gewisser regeln der grammatik; folglich müssen vor allem diese regeln studirt werden." Weniger einseitig ist das verfahren unserer neueren reformer, welche zuerst möglichst wenig grammatisches und dafür um so mehr zusammenhängenden sprachstoff mit anzuschliessenden

Die Neuerem Sprachen. Bd. III. Heft 2.

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sprechübungen fordern; unter anlehnung an den sprachstoff wollen sie die grammatik in kleinen dosen induktiv zuführen und durch allerhand schriftliche und mündliche übungen befestigen, immerhin jedoch auf grund des herkömmlichen grammatischen einteilungs- und lehrprinzips. Zwar kommt das verfahren dieser neueren richtung den anschauungen Gouins schon ein klein wenig näher, aber es geht nicht im entferntesten in ihnen auf.

Gouin ist ein geschworener feind alles dessen, was auch nur einen schein des abstrakten an sich hat. Drum verwirft er mechanisches wörterlernen, dekliniren, konjugiren, herleiern vorgedruckter paradigmen und syntaktischer regeln, da das alles abstrakte dinge seien. Er verlangt, dass der lernende nicht an abstrakten wörtern, sondern an gedankenverbindungen mit einem konkreten, vorstellbaren, für das geistige auge deutlich wahrnehmbaren untergrund, also an sätzen der objektiven sprachserien. zur erkenntniss und beherrschung der grammatischen erscheinungen geführt werde. Sehen wir zu, in welcher weise Gouin seiner forderung selbst gerecht wird.

Für ihn zerfällt das studium der grammatik in drei teile, nämlich in das studium 1. des zeitworts, 2. des satzes (syntax) und 3. der modal phrasen, oder, wie wir lieber sagen möchten,' studium des zeitworts, der übrigen satzbestandteile und des satzgefüges.

1. Zeitwort.

Ohne jemals von der konjugation und syntax des zeitworts gehört zu haben, ist das kind im stande, sich der verbalformen sowohl hinsichtlich der formenlehre als der syntax im grossen und ganzen sprachrichtig zu bedienen. Woher diese auffällige erscheinung?

Wie bereits hervorgehoben wurde, sind die worte des sprechenlernenden kindes stets der ausdruck des äusserlich oder innerlich wahrgenommenen, des gesehenen oder empfundenen. Da nun seine frühesten wahrnehmungen stets wirkliche, konkrete fakta betreffen, so spricht das kind in demjenigen modus, der bei der zungenmässigen wiedergabe von wirklich erschautem zur verwendung

Die Gouinschen überschriften zu 2. und 3. decken sich nicht überall mit dem inhalt der betr. kapitel.

kommt; es ist dies weder das gerundium, noch das altehrwürdige supinum, noch der gefürchtete konjunktiv, es ist der indikativ, die aussageform, welche das in der wirklichkeit wahrnehmbare andeutet.

Und welches tempus wendet das kind an? Die sogenannte gegenwart! Denn das kind beschäftigt sich fast ausschliesslich mit dem ihm unmittelbar gegenwärtigen, mit den jeweils auf sein ich einwirkenden eindrücken und wahrnehmungen; es lebt nur der gegenwart und lässt vergangenes sowie zukünftiges mit wenigen ausnahmen auf sich beruhen. Im sogenannten präsens spiegelt sich gewissermassen die ganze individualität des kindes wieder; drum ist dieses tempus von ganz besonderer bedeutung bei den grammatischen studien, es ist die eigentliche seele der konjugation.

Welches endlich ist die im kindermunde am meisten angewandte grammatische person des präsens? Die antwort liegt nicht fern: da das kind anfänglich noch nicht sprachlich produktiv, sondern rezeptiv ist, indem es die äusseren oder inneren wahrnehmungen auf sich wirken lässt, kann nur die dritte person der einzahl in frage kommen: „Titti hat ein wehweh, ist hungrig" und ähnliches. Erst später wird die erste person von ihm gebraucht werden: „Mama, ich habe e. w....“ Diese dritte person der einzahl des präsens kommt in der sprachentwickelung des anfängers und auch im praktischen verkehr erwachsener so unverhältnismässig häufig vor, dass Gouin dieselbe mit recht als die natürliche operationsbasis für grammatisches und praktisches sprachstudium in der überwiegenden mehrheit seiner übungsstücke anwendet.

Ohne der unten im praktischen teile zu erörternden darbietung der verbformen vorzugreifen, kann ich hier schon den allgemeinen plan für die zuführung in den wesentlichen umrissen mitteilen. Wie oben gesagt wurde, zerlegt Gouin den gesamtsprachbestand in generalserien, diese in spezialserien und die letzteren weiter in übungsstücke (satzreihen). Dementsprechend auch die konjugation, welche er als eine generalserie ansieht : die moden entsprechen den spezialserien, die zeitformen (tempora) den übungsstücken. Nun verfährt Gouin in der weise, dass er wie bei dem oben betrachteten übungsstück vom jäger, der ein rebhuhn schiesst (seite 20) jedes der 18-27 zeitwörter in

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ein und derselben redeform, nämlich in der 3. person präsentis indikativi auftreten lässt, in jener form, die in weitaus den meisten fällen der praxis zur verwendung gelangt und daher einer ganz besonderen pflege bedarf. Indem der anfänger so von der ersten stunde an mit einer reihe von 18-27 redeformen dieser art bekannt wird, treibt und lernt er unbewusst auch grammatik; das übungsstück ist, ebenso wie alle späteren, nicht nur ein linguistisches, sondern zugleich auch ein grammatisches. Nachdem die 3. person fester geistiger besitz der schüler geworden ist, wird dasselbe übungsstück in die 1. person der einzahl übertragen, in einer anderen stunde in die 2. person der einzahl und so weiter nach festem plan, bis sämtliche personen des präsens geübt sind. Dies dürfte die lehraufgabe der ersten unterrichtswoche sein. Späterhin werden die anderen zeitformen in gleicher weise stets unter jedesmaliger behandlung nur eingeübt.

einer person durchs ganze stück

Doch wie steht's mit den unregelmässigen zeitwörtern? Sie sind in gleicher weise wie die regelmässigen zu lehren. Jedes übungsstück wird ihrer mehrere enthalten, und nach Gouins erfahrungen (s. 286) sind dieselben infolge der von der regelmässigen abweichenden form für den lernenden besonders auffällig und interessant, indem sie der eintönigkeit entgegenwirken, welche den stücken anhaften würde, wenn ausschliesslich regelmässige verben-gehören doch über fünf sechstel derselben zur sogenannten -er-konjugation! verwendet würden. Sie heben sich von der masse der gleichförmigen zeitwörter ab wie das schwarze von dem weissen und graben sich mit fast unauslöschlichen zügen ins schülergedächtnis ein. So wenigstens meint Gouin. Um aber den erfolg durchaus sicherzustellen, hat Gouin überdies noch eine anleitung zur systematischen erlernung der (deutschen) unregelmässigen zeitwörter veröffentlicht. 1 Dort ordnet er die 220 unregelmässigen zeitwörter in 11 gruppen zu durchschnittlich 20 verben an; jede gruppe kennzeichnet sich durch die beiden üblichen merkmale: 1. den stammvokal der „einfachen vergangenheit" und 2. den vokal des partizips der ver

1 Traité pratique des verbes irréguliers allemands. Paris, Librairie Fischbacher, 33, rue de Seine, 1891, 1 vol. in 8o, XIV, 48 et XI pages. Prix 2 fr. 50.

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