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lich in die Länge gezogen hatte. Wir finden in dem Gedichte eine Reihe von Visionen, welche Hesper, der Geist des westlichen Festlandes, dem kühnen Entdecker in seinem Gefängnisse zu Valladolid vorführt, und dabei die verschiedenartigsten Personen und Ereignisse behandelt bis hinauf zur Zeit der Freiheitskriege und der Gründung der Republik. Nimmt man einzelne wenige Stellen aus, in denen sich poetischer Schwung und eine schöne patriotische Sprache findet, so lässt sich nichts weiter dem Gedichte nachrühmen, und es dürfte nicht leicht Jemand im Stande sein, das Ganze hintereinander durchzulesen. Auch in americanischen Blättern hat sich die Kritik sehr streng und witzig über dieses Hauptwerk Barlow's ausgesprochen und merkwürdiger Weise fand es in England mehr Freunde, als in dem Vaterlande des Verfassers.

Timothy Dwight war durch Talent, Gelehrsamkeit und Frömmigkeit ausgezeichnet und führte ein langes, tugendhaftes Leben. Er ward 1752 zu Northampton in Massachusetts geboren, erhielt seine Bildung in Yale-College und wirkte an derselben Anstalt später als Lehrer und zuletzt als erster Vorsteher, nachdem er zuvor an verschiedenen Orten als Prediger vielen Segen gestiftet hatte. Im Jahre 1777 versah er in dem Feldzuge das Amt eines Feldpredigers und hatte sich dabei sowohl durch die herzliche Innigkeit seiner Seelsorge, als auch durch die Abfassung vieler ächt patriotischer Lieder die wärmste Anhänglichkeit erworben. Seine grösseren Gedichte, von denen die,,Conquest of Canaan" das bekannteste ist, sind zu künstlich und mechanisch, gezwungen und unnatürlich und sichern ihm keine Unsterblichkeit. In der Wahl seines Stoffes zu dem eben angeführten Gedichte war er eben nicht sehr glücklich und benutzte überdies noch nicht einmal alle ihm gebotenen Vortheile; seinem Epischen fehlte die Farbe der erfinderischen und poetischen Phantasie und jener eigenthümliche Reiz, wodurch das wahre Genie dem einfachsten Vorfalle Interesse und Werth verleiht, und sein Versbau leidet überdies an einer sehr unerfreulichen Monotonie. Neben wenigen einzelnen Stellen, welche recht schön sind, müssen besonders seine Versuche, witzig zu sein, ganz erfolglos genannt werden, z. B. in Greenfield Hill und in The Triumph of Infidelity, der unglücklichsten seiner verfehlten Schöpfungen.

Die ernste Frömmigkeit und das freundliche Wohlwollen, welches sich in den Gedichten John Pierpont's (geb. 1785) überall ausspricht (II. pag. 57—60), verschaffte ihm in Vergleich zu den vielen abgeschmackten Schöpfungen seiner meisten Zeitgenossen volles Anrecht auf die Achtung seiner Leser. Er hatte sich anfangs mit der Gesetzeskunde beschäftigt, war dann zu dem Studium der Theologie übergegangen und fand durch seine ,,Airs of Palestine" die dankbarste Anerkennung seiner Leistungen. Der Dichter schilderte hier die Wirkungen der Musik mit besonderer Rücksicht auf die heilige Geschichte, und die Tiefe der Gedanken, die Schönheit der Sprache, so wie die Harmonie des Versbaues machten das Gedicht zu einem der wenigen älteren guten Erzeugnisse America's. Seine kleineren Gedichte sind am besten geeignet, den Dichter gehörig zu charakterisiren; das Gedicht: „Passing away," z. B. (II. pag. 59) leidet an der nicht selten bei ihm vorkommenden Unklarheit und Gesuchtheit, wogegen das andere: ,,My child," äusserst sinnig genannt zu werden verdient und rücksichtlich der Form wahrhaft ausgezeichnet ist. Fast in allen seinen Gedichten ist übrigens eine elegische Stimmung vorherrschend.

Ganz dieselbe Richtung vertritt auch Carlos Wilcox, ein hochverehrter Kanzelredner, welcher sich als Mensch und Christ allgemeine Liebe erwarb und durch seine schönen poetischen Schöpfungen in vieler Hinsicht mit Cowper verglichen werden kann.

Im Jahre 1800 erschienen die Gedichte von William Clifton, der schon in

seinem 27. Jahre als ein Opfer der Lungenschwindsucht gefallen war; man lies't diese Schöpfungen mit Vergnügen, da sie neben manchem Schwachen recht viel Zartes und Sinniges enthalten und sich durch grosse Treue und Wahrheit in den Schilderungen, Flexibilität des Styles und Feinheit der Diction auszeichnen. Neben ihm verdient auch Alsop genannt zu werden, dessen,,Monody on the Death of Washington," sowie die Uebersetzung von Silius Italicus vom punischen Kriege nebst der Bearbeitung von Berni's zweitem Gesange des Orlando Innamorato sehr viel Beifall fand. Seine Zartheit verfällt oft in Schwachheit und förmliches Schmachten, und es fehlte ihm überhaupt an Gluth der Begeisterung. Die Werke von St. John Honeywood, welche erst 1801 nach seinem Tode gedruckt wurden, haben freilich ebenfalls manche Unvollkommenheiten, aber sie verdienen doch mehr Lob, als die Kritik dem bescheidenen Dichter gespendet hat. Ein bedeutendes, aber irregeleitetes Genie findet man endlich noch in Robert Paine, dem Weintrinker, welchen die liberale sociale Gerechtigkeit aus aller guten Gesellschaft verbannte, weil er eine Schauspielerin geheirathet hatte. Seine fruchtbare Phantasie machte ihn ausserordentlich populär, und man entdeckt bei ihm nicht selten Spuren von wahrer Grösse und Erhabenheit; aber er hüllte seine Gedanken oft in eine undurchdringliche mystische Dunkelheit und hegte für den epigrammatischen Styl eine übertriebene Vorliebe.

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Von den besseren Dichtern zweiten Ranges verdienen noch Sprague, Brainard und Street als die beliebtesten kurz erwähnt zu werden. Charles Sprague in Boston (geb. 1791), welcher das Amt eines Cassirers bei der Globe-Bank bekleidete und sich seit langer Zeit mit Poesie beschäftigte, hat unter Anderm eine ganze Reihe von Prologen für das Theater verfasst. Von letztern fand mit Recht seine Ode auf Shakspeare (1823) (II. pag. 73) den meisten Beifall, und daneben sein grösseres Gedicht ,,Curiosity," welches die Neugierde von drei nicht uninteressanten Personen besingt, fremde Länder kennen zu lernen. Obgleich diese Dichtungen von Talent zeugen, stehen sie doch seinen eigentlichen Gelegenheitsgedichten sehr nach, in denen die Ereignisse seines eigenen häuslichen Lebens berührt werden und worin recht viel Ursprünglichkeit hervortritt; wir nennen hier als das Beste von ihm: The Brothers, I see thee still und The family meeting, worin Alles so recht vom Herzen kommt und Reinheit, Lieblichkeit und nimmer alternde Liebe jede empfindende Seele mit freudiger Bewegung erfüllen müssen. Die ganze Haltung dieser Gedichte hat etwas Schönes und Rührendes und sie erfrischen zugleich durch die künstlerische Verwendung der Bilder und die Kraft der Sprache. Für die Satire, in welcher er sich öfters versuchte, fehlte es ihm an der nöthigen Ruhe und er tauchte seine Feder stets zu tief in das Gift des bittersten Hohnes; für die Ode endlich bewies er zwar oft eine nicht gewöhnliche Kraft des Gedankens, aber trotz aller metrischen Geschicklichkeit und alles Glanzes im Ausdruck zeigt sich in seinen Versen doch eine ermüdende Monotonie, und sie wirken somit mehr auf das Ohr als auf das Herz.

John G. C. Brainard (1796) war von Jugend an ein Freund des süssen Stilllebens und aus seinen Träumereien wendete er sich oft nur mit grosser Mühe wieder den Rechtsstudien zu, denen er sich gewidmet hatte. Er fand in seinem Berufe wenig Befriedigung und entsagte demselben desshalb im J. 1822, um die Redaction des Connecticut Mirror zu übernehmen, wo er statt der früheren ernsten Aufsätze philosophischen und politischen Inhalts kleinere anmuthige und humoristische Arbeiten lieferte und sich durch seine gelegentlich abgedruckten Gedichte viele Freunde erwarb (II. pag. 86). Man konnte recht viel von ihm erwarten, aber schon im J. 1828 raffte ihn die Auszehrung

dahin und verhinderte es, dass sich sein Talent gehörig zu entfalten und zu läutern vermochte. Er hatte in seinen Gedichten viele Gedanken von grosser, ausserordentlicher Schönheit und in lieblicher Melodie gesungen; aber Alles trug bei ihm zugleich zu sehr den Stempel der Flüchtigkeit und des ersten Entwurfes. Sein Gedicht auf den NiagaraFall (II. pag. 87) wird von seinen Landsleuten gewöhnlich vorzugsweise gerühmt; aber wir haben darin nichts zu entdecken vermocht, das nicht ein Jeder eben so gut hätte schreiben können, der auch den mächtigen Wasserfall nie gesehen hat. Die unverkennbarsten Spuren eines wirklich glänzenden Geistes scheinen uns dagegen in den beiden Gedichten: The Sea bird's Song (II. pag. 88) und The storm of war niedergelegt zu sein.

Alfred B. Street ward in Poughkeepsie am Hudson (1811) geboren, widmete sich der Rechtswissenschaft und liess sich anfangs in Monticello (in der Grafschaft Sullivan) und 1839 in Albany nieder, wo er eine ausgedehnte Praxis hat. Als beschreibender Dichter steht er in America ziemlich hoch, und seine Bilder sind eben so malerisch als wahr und treu, so dass sie die americanische Kritik mit den meisterhaften Landschaften eines Cole und Doughty nicht mit Unrecht verglichen hat. Er gilt deshalb auch für einen ächt nationalen Dichter und beschreibt die americanische Scenerie mit ausserordentlichem Geschmacke und grosser Frische. Seine Gedichte:,,Nature (1840), The Burning of Schenectady and other poems (1843), Drawings and Tintings (1844)," welche ganz kürzlich in New-York in einer Gesammtausgabe erschienen sind, verdienen zwar nicht alle gleiches Lob, indem einzelne sehr wild und etwas verworren sind und auch zuweilen eine sehr falsche Ueppigkeit der Naturschilderung haben, aber sie tragen mehr oder weniger das Gepräge des Gesunden und der vollen Wahrheit. Tadeln muss man dagegen, dass Street mit seinen Epitheten etwas zu verschwenderisch umgeht, sie häufig nur des Versmasses wegen gebraucht zu haben scheint, und gleich dem Dichter Brown auf die Ausführung des Details oft zu viele Striche verwendet, wodurch die leitende Idee zu sehr in den Hintergrund tritt. Aber dessenungeachtet lies't man manche seiner Schöpfungen nicht ohne Vergnügen, denn er ist ein ächter Sohn America's.

Wenige der neueren Dichter haben sich wohl so sehr durch den kühnen Schwung, die Freiheit und Leichtigkeit ihrer Verse ausgezeichnet als James Gates Percival, welcher, 1795 zu Berlin in Connecticut geboren, sich ursprünglich dem Studium der Medicin widmete. Zwar beschäftigte er sich schon sehr früh mit Poesie, aber er vernachlässigte deshalb seinen eigentlichen Beruf nicht, erwarb sehr umfassende und gründliche Kenntnisse, trat im J. 1824 in die Armee als Regimentsarzt ein und erhielt zugleich an der Militairschule in West - Point einen Lehrstuhl als Professor der Chemie. Als er hier zu seinem Bedauern die Entdeckung machte, dass es ihm unmöglich sein würde, neben seinen Berufsgeschäften sich auch literarischen Bestrebungen, die ihm sehr am Herzen lagen, fernerhin widmen zu können, gab er seine Stelle wieder auf und zog nach Boston, um sich dort ausschliesslich mit der schönen Literatur zu beschäftigen. Wir haben aus seiner Jugendzeit eine Tragödie von ihm, welche Zamor benannt ist; der Plan des Stückes ist ohne Interesse und voll Unwahrscheinlichkeiten, und man fühlt es dem ganzen Stücke genugsam an, dass der jugendliche Verfasser musa invita geschrieben hatte, und dass ihm der sehr wichtige Ausspruch Milton's unbekannt war, dass nämlich die Tragödie nicht nur,,the gravest, moralest and most profitable of all other poems“ sei, sondern auch,,the most difficult of execution." Grössere Beachtung fand sein,,Prometheus," ein discursives, philosophisches Gedicht in 162 Stanzen, welches nach dem Vorbilde Spenser's geschrieben war und sich durch Leichtigkeit des Versbaues rühmlich auszeichnete. Einige Verse dieses Gedichtes besitzen das düstere Sententiöse der Byron'

schen Muse und haben durch die Tiefe des Gedankens ausserordentlich angesprochen. Seine Gedichte vermischten Inhalts, welche er in Verbindung mit seinen prosaischen Aufsätzen unter dem Gesammttitel „Clio" veröffentlichte, und denen sich später noch ,,The Dream of Day and other Poems. 1843" anschlossen, sind unstreitig das Bedeutendste von seinen Leistungen. Man findet hier (II. pag. 80-86) eine grosse Fülle und Ueppigkeit in Sachen und Worten und bei einer reichen Phantasie zugleich viel Kraft und doch auch Lieblichkeit. Viele seiner Verse glühen und funkeln wahrhaft von Geist und erzeugen Begeisterung, und der Leser fühlt sich ganz unwillkürlich von dem Zauber jener Seele mit fortgerissen, welcher so herrliche Gedanken entströmten. Die Natur hatte ihm ausserordentliche Dichtergaben verliehen, aber es fehlte ihm an Sorgfalt in der Ausführung, und man vermisst leider sehr oft die Feile, welche das Rauhe hätte mildern und das Schwache und Mangelhafte leicht berichtigen können. Hätte er es über sich vermocht, bei der Fülle von Eindrücken mehr zu wählen und sich in seiner glücklichen Begeisterung nicht zu sehr hinreissen und übermannen zu lassen, hätte er nur mehr Kraft und Sorgfalt auf die Richtung seiner Gedanken verwendet, so würde er gleich den grössten Dichtern einen wahrhaft nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Ungeachtet seiner vielen Mängel liegt aber doch ein ganz eigenthümlicher Zauber in seinen Versen, und es ist z. B. eine Thatsache, dass jeder Schulknabe in America viele seiner Gedichte fest im Gedächtnisse hat.

Am nächsten verwandt mit seinem Geiste waren Whittier und Dana, welche wegen ihrer inneren Freiheit und ihres ächt nationalen Strebens unmittelbar nach den ersten Dichtern America's genannt zu werden verdienen.

John Greenleaf Whittier (geb. 1808) stammte aus einer geachteten QuäkerFamilie in Haverhill am Merrimac in Massachusetts und ward zuerst bekannt durch die Herausgabe des American manufacturer, eines Blattes, welches in Boston für den Schutzzoll kämpfte. Später redigirte er mehrere Jahre das New England Weekly Review in Hartford und begab sich 1831 wieder nach seinem Geburtsorte, wo er sich eine Zeitlang fast ausschliesslich mit der Landwirthschaft befasste; erst 1836 wendete er sich wieder literarischen Bestrebungen zu, und es erschienen seit dieser Zeit mehrere Gedichte und grössere Arbeiten in Prosa von ihm, welche die allgemeinste Aufmerksamkeit auf sich zogen. In seinem längsten Gedichte:,,Mogg Megone", schilderte er das Leben der ersten Einwanderer von Massachusetts und führte dabei zugleich Bilder von den Eingeborenen vor, welche durch ihre Treue und Natürlichkeit wohl geeignet waren, die vielen romantischen Fictionen über den indischen Character, wie sie in den Novellen so oft erscheinen, zu zerstreuen. Sein streng puritanischer Geist, welcher hier, wie auch in seinen später erschienenen,,Ballads, Lays of Home, Bridal of Pennacook, The Stranger in Lowell" und in einigen anderen Schriften prosaischen Inhalts sehr stark hervortrat, der ihm inwohnende unerschütterliche Muth der Wahrheit, welcher sich besonders zu Gunsten der Abschaffung der Sclaverei geltend machte, der Feuereifer, mit welchem er der Tyrannci der sogenannten öffentlichen Meinung entgegentrat, Alles dieses hat ihm die Verehrung

vieler Freunde der wahren Freiheit erworben und seinem Namen ein bleibendes Andenken gesichert. Seine Schöpfungen fanden übrigens auch selbst bei Gegnern die verdiente Beachtung, und der Eindruck seines ächt nationalen Strebens muss jedenfalls ein nachhaltiger genannt werden; „he is", sagt deshalb auch einer seiner Landsleute über ihn, "of that class of authors whom we most need in America to build up a literature that shall elevate with itself the national feeling and character".

Neben einer grossen Kraft und Kühnheit des Gedankens findet sich in seinen Schriften

(II. pag. 97-101) auch sehr viel Zartes und Liebliches, und wir führen als Beispiel dafür seine „Legends of New England" an, in welchen er die älteste Geschichte des Landes in höchst malerischer Weise schildert. In seinen lyrischen Stücken scheint er zuweilen sein wahres Herzblut mit zu ergiessen, und in der Wärme seines Temperaments kann die Phantasie mit ihrem feurigen Begleiter oft kaum Schritt halten. Stürmisch erscheint er dagegen andererseits bloss aus Gewissenseifer, und dann ist er wahrhaft unbarmherzig und völlig rücksichtslos. In seinen neuesten Gedichten,,Lines on the Death of Lucy Hooper, Raphael, Follen und Memories" findet sich neben der grossartigsten Kraft mehr Zartheit der Empfindung und milde Frömmigkeit des Gefühls; man begreift dort kaum, wie solchen Strömen des leidenschaftlichen Gefühles so anmuthige Verse in unmittelbarem Anschlusse nachfolgen können. America ist darüber einig, dass Whittier jene Wahrheit, Männlichkeit und Kraft des Characters besitzt, jenes innere Freisein von aller conventionellen Knechtschaft, die man als die Basis für den Character jedes grossen Mannes ansehen muss, und ohne welche die Poesie ein blosses Echo der Salons sein und statt der Wirklichkeit nur affectirtes Wesen idealisiren würde. Whittier besitzt den Geist und die Seele eines Dichters, und man darf mit Zuversicht erwarten, dass er dereinst noch die rechte Höhe in seiner Kunst erreichen werde*).

Kein Dichter America's ist so subjectiv und zeigte in allen seinen Schöpfungen so sehr die Spuren seiner Individualität, als Richard Henry Dana, dem man es nachrühmen darf, dass er nichts nach blossem Hörensagen schrieb, sondern Alles tief innerlich durchlebt hatte, was er in seinen Gedichten sang. Er war 1787 in Cambridge geboren, erhielt seine Bildung in Harvard College, widmete sich später in Baltimore der Rechtsgelehrsamkeit und beendete seine Studien in Cambridge. Die ausserordentliche Zartheit und Schwäche seines Körpers unterbrach öfters auf eine längere Zeit seinen Unterricht, er schweifte dann auf weiten Spaziergängen umher und zeigte schon damals seine Vorliebe für wilde und malerische Naturscenen, die er späterhin als Dichter mit so viel Wärme und Begeisterung in seinen reichen Naturschilderungen bewiesen hat. Seine Gesundheitsschwäche nöthigte ihn denn auch, dem Geschäftsleben völlig Lebewohl zu sagen und sich ausschliesslich einem literarischen Berufe zu widmen. Er unterstützte anfangs Edw. Channing durch Beiträge (vorzugsweise kritischen Inhalts) für das North American Review, in denen er besonders Wordsworth, Coleridge und Byron bewunderte, und sich durch seine ideale Richtung in den schroffsten Gegensatz zu der damals herrschenden Ansicht des North American Club brachte, welchem Pope und dessen Schule über Alles gingen. Er sah sich deshalb auch genöthigt, seine Verbindungen abzubrechen und gründete eine eigene Zeitschrift, welche unter dem Titel,,The idle man" erschien, aber nur ein sehr kurzes Dasein fristete, weil Dana der allgemeinen Verkehrtheit gegenüber allein zu schwach war und deshalb nicht durchdringen konnte. Seine Gedichte ,,The Dying Raven", The Changes of Home" und besonders ,,The Buccaneer" (II. pag. 60-72) erfreuten sich dagegen allgemeiner Theilnahme und man hörte ihn auch sehr gern in seinen Vorlesungen über die englische Literatur, welche er 1839 und auch später mit grossem Beifalle vortrug. The Buccaneer, eine Erzählung voll düsterer, leidenschaftlicher Scenen, schildert einen furchtbaren Mord, den ein Pirat an der Küste von NeuEngland vollbrachte, wofür er eine grässliche Strafe erhielt. Es ist ein Stück voll

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*) Er bearbeitet gegenwärtig die literarische Abtheilung der in Washington erscheinenden radicalen ,,National-Era“ und kämpft dabei zugleich fortwährend für die Abschaffung der Sclaverei, welche als eine abscheuliche Anomalie in einem freien Lande anzusehen ist.

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