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schiedenheit der Lebensart nur noch schneidender geworden sein. Die weichere, plättere Mundart fållt indeß erst auf, wenn man I sich der Gegend von Köln zu nåhern anfångt.

III.

Wohin fich das Gespräch der Edlen lenkt,
Du folgeft gern, denn Dir wird's leicht zu folgen.

Köln.

Hier, wo der Rhein sich zwischen ebenen Flächen schlängelt, blick ich wieder nach den Gebirgen zurück, deren lehte Gipfel Bonn gegenüber am Horizont sich noch in schwachen Linien zeichnen.

Mit welchem ganz andern Interesse, als der unwissenschaftliche Reisende daran nehmen kann, hålt der Naturforscher die Schau und Musterung über jene Unebenheiten unserer Erde, denen er noch die Spur ehemaliger Umwandlungen und großer entscheidender Naturbegebenheiten ansieht! Auf unserer kurzen Rheinfahrt haben wir oft mit den Pflanzen und den Steinen am Ufer gesprochen und ich versichere Dich, ihre Sprache ist lehrreicher als die dicken Bücher, die man über sie geschrieben hat. Soll ich Dir von unseren Unterhaltungen nicht etwas wieder erzählen?

Die Gebirgskette, die sich durch Thüringen, Fulda und die Wetterau bis an den Rhein erstreckt, endigt sich oberhalb Bonn, in dem sogenannten Siebengebirge, welches prallig in mehreren hohen Spigen und Gipfeln seine Granit-, Gneus- und Porphyrmassen emporhebt, auf denen hier und dort andere kiesel-, thon und bittersalzerdige Mischungen, wie Kieselschiefer, Hornschiefer und Basalte, nebst den zwischen ihnen durch verschiedene Verhältnisse der Bestandtheile verursachten Schattirungen von Gestein liegen. Die füdlichen Zweige des hessischen Gebirges segen über den Rhein fort und gehen in die vogesische Kette über. Von Bingen bis Bonn enthalten sie Thon- und Kiesel

schiefer von mancherlei Gefüge, Hårte, Farbe und Mischung, auf welchen man zuweilen große Sandsteinschichten antrifft. Im Allgemeinen streichen die Schichten von Abend nach Morgen und gehen mit einem Winkel von sechzig bis fünfundsechzig Graden nach Süden in die Tiefe.

Ehe uns die Nacht in Andernach überfiel, machten wir noch einen mineralogischen Gang nordwestlich von der Stadt. An einem Hohlwege, gleich unter der Dammerde, zeigte sich ein Bimssteinlager, welches an einigen Stellen mit Schichten von Tras, oder wie ich es lieber nenne, von zerstörten, zu Staub zerfallenen und dann vermittelst des Wassers wieder zusammengekitteten Bimssteinen, abwechselte. Die Bimssteine sind von weißlicher Farbe, sehr leicht, bröcklich, löcherig, rauh anzufüh len und gewöhnlich in ganz kleinen Stückchen von der Größe einer Erbse und noch kleiner, bis zu zwei Zollen im Durchmes ser. In diesen Stückchen finden sich zuweilen kleine Fragmente von Kohlen eingebacken.

Die Erscheinung dieser unbezweifelten Erzeugnisse des Feuers am friedlichen Rheinufer hat schon manchen Gebirgsforscher in Erstaunen gefeßt, welches vielleicht vom ruhigen Wege des Beob achtens abwärts führt. In der Strecke von Andernach bis Bonn glaubten Collini, Hamilton, de Lüc und andere Freunde der Feuertheorie die deutlichsten Spuren ehemaliger feuerwerfenden Schlünde zu sehen. Vulcane dampften und glühten; geschmolzene Lavaströme flossen, kühlten sich plöglich in dem Meere, das damals alle diese Länder bedeckte, und zerklüfteten sich in faulenförmige Theile; ausgebrannte Steine, Asche und Kohlen flogen in die Luft und fielen in Schichten nieder, die man jest angråbt und zum Wasserbau nach Amsterdam versendet; kurz, ehe es Menschen gab, die den Gefahren dieses furchtbaren Wohnortes trohten und das plutonische Gebiet mit Weizen oder mit Reben bepflanzten, kreißte hier die Natur und die Berge wanden sich in gewaltsamen Krämpfen. Ist das nicht prächtig geträumt? Es kommt ja nur auf uns an, ob wir den Hekla und Aetna, den Vesuv und den Tschimborasso an dem Gestade unseres vaterländischen Rheins erblicken wollen. Wenn die Erscheinungen, die das hiesige Gebirge uns zeigt, Vergleichungen dieser Art begünstigen, wer dürfte uns verbieten, unserer Einbildungskraft die Ergänzung einer Lücke in den Annalen der

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Erdumwandlung aufzutragen? Ueber jene Erscheinungen aber ist man bis jezt noch nicht einig.

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Der Bimsstein ist zwar zuverlässig ein Feuerprodukt; allein, daß wir uns ja nicht mit der Folgerung übereilen: es müsse deshalb bei Andernach einst ein Vulcan gelodert haben! Hier ist nirgends eine begleitende Spur von Vulcanen sichtbar; nichts leitet auch nur von fernher auf die Vermuthung, daß diese Schichte, wo sie liegt, im Feuer entstanden sein könne. Ihre Lage unmittelbar unter der Dammerde scheint sie vielmehr für fremdartig zu erklären. Wer kann nun bestimmen, durch welche Revolutionen und wie viele tausend Meilen weit her, diese Bimssteine hier angeschwemmt find? welche Fluth fie von weit entlegenen Gebirgen abwusch, um sie hier allmålig abzusehen? Das Dasein eines über alle hiesigen Berggipfel gehenden Meeres muß man ja bei der Feuertheorie ebenfalls voraussehen, um die Möglichkeit der Entstehung des Basalts nach den Grundsäßen dieser Theorie zu erweisen; folglich verlangte ich hier nichts Neues. Allein, auch ohne dieses Element zu Hülfe zu nehmen foll denn immer nur das Feuer eines Vulcans im Stande gewesen sein, hier ein Bimssteinlager hervorzubringen? Konnte nicht etwa ein Kohlenflöz in dieser Gegend in Brand gerathen, ausbrennen und den Letten, der ihm zum Dach und zur Sohle diente, zu einer bimssteinähnlichen Masse verändern? Es ist in der That zwischen. den Substanzen, die man mit dem gemeinschaftlichen Namen Bimsstein belegt, sehr oft ein weiter Unterschied, über den man in der Mineralogie nicht so leichtsinnig wie bisher hinwegsehen follte. Im Grunde hat man den Bimsstein wohl noch nicht anders definirt, als daß er ein sehr leichtes, bröckliches Feuerprodukt sei; denn die unzähligen Verschiedenheiten der Farbe, der Tertur und der übrigen äußerlichen Kennzeichen, die ich in Kabinetten an den sogenannten Bimssteinen bemerkt habe, ließen keine andere allgemeine Form als diese übrig. Offenbar aber sind darunter Steine von dem verschiedensten Ursprunge begriffen, die nicht einmal immer einerlei Umwandlungsprozeß erlitten haben. So viel ist gewiß, daß der Bimsstein von Andernach nicht zu jener Art gehört, welche die Mineralogen von der Zerstörung des Asbests im Feuer herzuleiten pflegen, und auch nicht wie der Bimsstein von Tanna aus kleinen spißigen Kristallen besteht, sondern, wenn er seine jezige Gestalt im Feuer erhielt, wahrscheinlich aus Letten verändert worden ist.

Als wir am folgenden Tage unsere Wasserfahrt fortsette kamen wir dem Flecken Unkel gegenüber an die merkwürdig Basaltgruppen, über deren såulenförmige Bildung schon Trer blen erstaunte, ohne jedoch etwas von dem Streite zu ahne den man zeither über ihre Entstehung mit so vieler Wärme g führt hat. Bei niedrigem Waffer ragen sie aus diesem herv und sind, so weit es sie bedecken kann, mit einem kreideweiß Schlamm überzogen, welcher auch die Thonschieferfelsen bei Bi gen bedeckt. Wahrscheinlich macht dieser Schlamm den Rhei so trübe, wenn er von Berggewässern hoch angeschwollen is Wir wanderten über die Gipfel oder Enden der konvergirende Säulen und gingen in den Steinbruch, der jeßt einen Flinter schuß weit vom Ufer hinaufwärts liegt, ob er sich gleich eh mals bis dicht an das Wasser erstreckte. Hier standen die sel unvollkommen und regellos gegliederten Säulen von ziemlich u bestimmteckiger Form und Mannsdicke, aufrecht auf einem L ger von braunem, thonartigem Gestein voll Höhlen, die zur Theil noch mit verwitterndem Kalkspath angefüllt waren. D Säulen sind von ziemlich festem Korn, dichtem Bruch, mat schwarz mit schwarzen Schörlpunkten und lauchgrünen. Olivine reichlich angefüllt, die sich zuweilen in faustgroßen Massen dari finden. Außerdem enthalten diese Basalte öfters Wasserkies i dünnen Streifen, desgleichen einen gelbbraunen Tropfstein ode Kalksinter, womit sie durchwachsen sind und endlich, nach Aus fage der Arbeiter, auch klares Wasser in ganz verschlossenen Höl lungen, die zuweilen im Kern einer Såule angetroffen werden.

Das Losbrechen der Säulen sieht gefährlich aus. Es g schieht vermittelst eines spißen Eisens, das an einem lange Stocke befestigt ist und das der Arbeiter zwischen die Fuge bringt. Der Sturz ganzer Massen von Säulen hat etwa Fürchterliches und sobald man merkt, daß sie stürzen wollen, re tet sich ein jeder, um nicht beschädigt zu werden. An viele Säulen, welche auf diese Art in unserer Gegenwart losgebroche wurden, bemerkte ich einen weißen, vermuthlich kalkigen Be schlag oder Anflug, dessen Ursprung sich so wenig, wie der U sprung des bereits erwähnten Sinters, erklären läßt, wenn ma anders nicht künftig Kalkarten in der Nähe findet. Doch kön nen auch die Wasser auf sehr langen Strecken Kalktheilchen auf gelöset enthalten und weit mit sich führen, ehe sie dieselben wie der absehen.

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Sowohl auf diesem westlichen, als auf dem entgegengeset= ten östlichen Ufer des Rheins, bis in das Siebengebirge hinunter, sind diese Basaltbrüche häufig genug, um für die ganze Gegend Bau- und Pflastersteine zu liefern. Das ehemalige Je= fuitenkollegium in Koblenz ist von außen mit Basaltstücken bekleidet und die Heerstraßen werden damit in gutem Stande erhalten. Was suchen wir also weiter nach den Werkstätten, wo die Natur den Bimsstein von Andernach bereitete, wenn, wie es heutiges Tages bei so manchem Naturforscher für ausgemacht gilt, Basaltberge und erloschene Vulcane völlig gleichlautende Be-· nennungen sind? Können wir noch die Spuren des ehemaligen » Brandes vermissen, wo der. Basalt sogar, wie hier bei Unkel, auf einer braunen, löcherigen Lava steht? Haben die Basaltberge nicht die charakteristische Kegelgestalt und ist hier nicht ein * Krater vorhanden, den de Lüc zuerst entdeckt hat, und dessen * Oeffnung er mit der Hand bedecken konnte?

Ich gebe Dir mein Wort, daß der Muthwille des Reisenden, der den ganzen Tag hindurch in frischer Luft und in muntrer Gesellschaft schwelgte, keinen Antheil an dieser Darstellung ader vulcanischen Logik hat. Es ist wahr, daß man unaufhör

lich von dem Punkt ausgeht, den man erst beweisen sollte und a dann, wie gewisse Exegeten, zurückbeweiset: Basaltberge sind erloaschene Vulcane; also ist der Basalt ein vulcanisches Produkt; oder: Basalt steht auf löcheriger Lava; also ist Basalt feste Lava; toder: Vulcane sind kegelförmige Berge; also sind kegelförmige Basaltkuppen Vulcane; oder endlich: ein Schlund, aus welchem der Rauch und die Flamme des Vulcans emporsteigen und Bimssteine und Felsstücken herausgeschleudert werden, ist ein Krater; also ist ein Loch auf einem Basaltberge, welches man mit der #Hand bedecken kann, ein Krater und der Basaltberg ein Vulcan. Ohne das geringste von der Sache zu wissen, sieht man ein, daß diese sämmtlichen Schlüsse nichts beweisen, da bald der Obersak, bald die Folgerung ungegründet ist. De Lüc's Krater - lasse ich für sich selbst sprechen. Die Kegelform der Vulcane, die natürlich genug durch die Anhäufung der ausgeworfenen Steine, Erde und Asche entsteht, beweiset nichts für die Entstehung der festen säulenförmig zerklüfteten Bafaltkegel, zumal da es auch kegelförmige Kalkberge genug gibt und wiederum Ba= i saltmassen, die sich in ganz verschiedenen Gestalten zeigen. Die löcherige Steinart bei Unkel ist darum noch keine Lava, weil sie

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