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Sibthorpe'n im Archipelagus; daß der obere Theil der Euphorbia Apios Erbrechen, der untere Durchfall_verursache. Das große Specimen von Myrtus Pimenta im orfordischen Garten hat folia decussata opposita. Die Türken essen die Frucht vom Prunus Laurocerasus. Sibthorpe selbst konnte nicht ausfindig machen, welche Gattung von Papaver das Opium gibt. Es scheint ihm Papaver orientale zu sein. Er zeigte Ladanum vor, das er selbst vom Cistus creticus gesammelt; auch åchtes Balsamum Meccae, das dem englischen Gesandten aus dem Serail geschenkt war. Sibthorpe glaubt, es komme von Amyris Opobalsamum: eine Fabel, die ja schon Gleditsch widerlegt hat. Der botanische Cursus in Orford dauert nur sechs Wochen.

14. Dover.

Den 28. Jun. Abends 9 Uhr.

Diesen Spaziergang am Strande gåb' ich nicht um vieles! Es war etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang; der Himmel blau und heiter und wolkenleer über uns. Das Meer rauschte auf den Kieseln des abschüssigen Strandes fast ohne Wellen; denn ein sanfter Morgenwind hauchte nur långs seiner Oberfläche hin, und die Ebbe milderte die Gewalt der majestätisch anprellenden großen Kreise, die der Krümmung des Ufers parallel in schäumenden Linien verrauschten. - Hinter uns hing Shak speare's Felsen hoch und schauervoll in der Luft: eine thurmähnliche, senkrecht abgestürzte Masse, fünfhundert Fuß über der Meeresfläche erhaben, weiß und nur mit etwas daran hangendem Grün verziert. Links auf einer ähnlichen doch etwas mindern Höhe, über dem Kieselstrande, straubten sich im magischen Lichte der Dämmerung die malerischen Thürme des Schlosses von Dover, gleichsam vor dem Sturz, an dessen Rande sie standen. Und jenseits des blauen Meeres, das links und rechts im unabfehlichen Horizont sich verlor, lag Frankreichs weiße und blaue Küste in manchen hervorspringenden Hügeln vor uns hingestreckt. Sowie wir dieses Schauspiel betrachteten und von einem Gegen stande zum andern unsere Blicke wandern ließen, wachten neue Empfindungen in uns auf. — Plößlich, indem ich die felsenähnlichen Spigen des Schlosses betrachtete, that mein Reisegefährte einen Schrei des Erstaunens und Entzückens. Ich wandte

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mich um und sah über dem Ufer von Calais ein aufloderndes Feuer. Es war der Vollmond, welcher göttlich aus dem Meere stieg und allmålig sich über die Region der düstern Dünste erhob. Welch' ein Anblick von unbeschreiblicher Einfalt und Pracht! Bald höher und höher emporschwebend, schickte er von Frankreichs Ufer bis nach Albion herüber einen hellen Lichtstreif, der wie ein gewässertes Band zwischen beiden Ländern eine täuschende Vereinigung zu knüpfen schien. Im Dunkel, das långs der Felsenwand unter dem Schloffe herrschte, flimmerte ein Licht romantisch hervor; über Shakspeare's Cliff hing ein schöner Stern im weißesten Glanze nieder. O Natur! die Größe, womit du die Seele erfüllst, ist heilig und erhaben über allen Ausdruck. Shakspeare's Cliff nannten uns die Knaben, wie sie am Strande spielten, bei diesem geliebten Namen.

IV.

Rückreise von England.

1. Fahrt von Dover nach Calais.

Am 29. Jun.

Zur Rechten von Dover am Ufer ist Shakspear's Felsen, zur Linken Dover Cliff, sehr abgestürzt. Auf der Fläche in der Mitte des Busens ist die Stadt gebauet und hinter der Stadt sieht man wieder einen hohen Kreidefelsen, der nackt und fast ohne alle Vegetation ist. Am Ufer liegen unzählige abgerundete Feuersteine.

In dem Kanale gibt es unzählige Delphine. Phocaena, sechs bis sieben Fuß lang, die sich wälzen u. s. w. Sie sollen Sturm prophezeihen, weil sie nur bei stiller See zum Vorschein kommen. Die Franzosen essen sie und machen auch Del daraus.

Am Ufer findet man keine Conchylien, keine Zoophyten, auch bei Calais nicht, da sie doch bei Dünkirchen so häufig sind. Die Fluth treibt sie wohl durch den Kanal und wirft sie an die vorstehende belgische Küste.

Während der Ueberfahrt bei Sonnenschein bemerkten wir sonderbare, leuchtende Punkte im Wasser, die eigenthümliches Licht zu haben schienen.

Die Ufer von Calais find niedrig und haben nicht, wie die entgegengesetten, vorstehende Kreidefelsen, daher kann man von Dover aus wohl die hohen Felsen bei Boulogne, aber nicht die Küste von Calais sehen. Auf dieser Küste liegen auch keine Feuersteine.

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Den 30. Jun. sehten wir in einer plumpen, schweren, achtsisigen, französischen Kutsche die Reise durch die Picardie fort. Die Kreideberge zu beiden Seiten des Kanals åhneln sich vollkommen. Welche Katastrophe zerriß sie? Abstürze auf beiden Seiten zeigen sich hier und da; doch mehr in einem fort an der englischen Küste.

Wir fahen den Ort, wo der unglückliche Pilatre du Rosier mit seinem Gefährten Romain hinunterstürzte. Seine Geliebte erwartete ihn in Dover, ward wahnsinnig_und_starb. Schon schwebte er weit über dem Kanal als plößlich der Wind sich in der obern Region ånderte und ihn wieder über das Land führte. Auf einmal sah man den Ballon Feuer fangen und stürzen.

In Boulogne sur mer, einer ziemlich großen Stadt, an einem kleinen, unbequemen Fischerhafen, frühstückten wir. Die unendliche Munterkeit der französischen Soldaten, in einer Schenke uns gegenüber, ergößte uns sehr. Sie fangen ohne Aufhören. Der Franzos, der bei uns war, ließ von Zeit zu Zeit aus dem Wagen oder aus dem Fenster des Gasthofes ein lautes: Vive la Nation! erschallen, welches mit allgemeinem Jauchzen erwidert ward.

Die Kutsche fährt langsam, höchstens anderthalb Lieues in einer Stunde. Der Weg ging durch eine schöne, reich bes bauete, offne Gegend. Die Landschaft hat einen andern Charakter als die englische, weil die Felder nicht mit lebendigen Hecken umzåunt sind.

Zwischen Abbeville und Amiens ist ein großer Torfmoor. Den Jahrmarkt, der eben in Amiens war, fanden wir sehr årm

lich, und hörten große Klage über den Stillstand der Plüchefabriken und anderer Wollmanufakturen, wegen des Kommerztraktates. Die Stadt ist ansehnlich und hat schöne Promenaden.

Es gibt in der Picardie viele englische Schafe. Die beste Wolle findet man bei Calais; doch ist sie schlechter als die englische. Liegt die Ursache hiervon im Klima? schwerlich. Oder in der Behandlung? der Fütterung? Die Weiden sind hier freilich gewiß schlechter als am Avon.

3. Rückreise von Paris.'

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Von Paris reisten wir den 6. Julius über Livry und Cloye nach Meaur, welches eine alte, sehr schöne Kathedralkirche hat. Die Straße ging durch eine reiche Gegend, mit schönem Anbau und einer herrlichen Allee von Bäumen långs dem Wege. → La Ferté sous Jouarre ist hübsch gelegen. Hier gibt es viele Berge, Sandstein; wenig Anbau. Die Marne und ihre Ufer sind sehr schön. Bei La Ferté ist eine Manufaktur von Mühlsteinen. Chateau Thierri hat eine herrliche Lage. Ein großes Thal der Marne, in welchem die Stadt und die Masse von Thürmen aus dichtem Gebüsche hervorragen. Das Schloß steht in der Mitte auf einem Hügel. Die besonders schönen Ulmen machen die Aussicht vorzüglich pittoresk und reich. Der Fleiß und die Arbeitsamkeit des Landvolkes in dieser Gegend geben gute Hoffnungen für die Zukunft, wenn es Früchte seiner Arbeit ernten wird und sie nicht mehr von Andern verschlungen sein werden.

mit

Den 7. Jul. Wir fuhren um drei Uhr ab. Die gestrige Diligence von Meß war voll Deputirter, die nach Paris zogen; auch begegneten uns viele Extraposten mit diesen Herren. Ein reizendes Thal von weitem Umfange öffnete sich vor uns, Kalkhügeln umgeben, worauf der Weinbau sehr stark getrieben wird. Die Hügel sind schön gelegen und haben einen vortheilhaften Abhang; ihr kreidenartiger Boden scheint ebenfalls dem Weinbau zuträglich zu sein. Im Thale, welches eine große, breite und mehrere Meilen lang zwischen den Hügeln sich hinziehende Ebene bildet, schlängelte sich die Marne zwischen Sandufern wie ein Band von Silberstoff, indem die Morgensonne sie beschien. Die Uecker, Wiesen und Triften dieses Thals sind

von großem Reichthum und unbeschreiblicher Schönheit; über die Rebenhügel ragt ein höherer, wieder mit Korn bebaueter Rücken hervor, der oben mit Waldung und zuweilen mit Städten und Dörfern gekrönt ist. Dieses Thal reicht bis Epernay, welches sehr malerisch am Fuße der östlichen Hügel liegt, wo sie sich auf einer unabsehlichen Ebene verlieren. Wir erreichten diesen Ort um zehn Uhr und sehßten uns schon um halb_elf_zu Tische, nachdem wir etwa zwölf Lieues zurückgelegt hatten. Nach Chalons flogen wir auf einer acht Lieues langen Ebene von herrlichem Getreidebau, und um vier Uhr kamen wir dort an, um unser Nachtlager zu halten. Chalons hat alte, schöne Kirchen; ein prächtiges Hôtel de ville; eine schöne, feste, einfache Brücke über die Marne; schöne, regelmäßig angepflanzte Promenaden; viele gute Gebäude. Aber die Straßen sind todi und die Einwohner fehlen. Ueberhaupt gibt es in Frankreich mehr große Städte als in England. Aber der Schmug in den Wirths: häusern, die schlechte Bedienung, das grobe Tischzeug machen das Reisen hier ungleich beschwerlicher. Das Volk in dieser Gegend ist im Ganzen phlegmatischer als in der Picardie. Man findet im Allgemeinen unter den Franzosen vielleicht weniger Naturgaben, Phantasie ausgenommen als unter den Engländern, aber mehr Kultur durch gesellschaftlichen Umgang: daher mehr Leichtigkeit und Artigkeit und, zugleich mehr Gleichgültigkeit gegen Reinlichkeit, Bequemlichkeit u. s. w., weniger Lurus.

Den 8. Jul. Die Ebene geht gegen sechs bis acht Lieues fort; sie ist überall bebauet und man sicht fast nirgends einen Baum. Ein fünf Viertel-Lieues langes Dorf liegt långs dem Wege in einiger Entfernung rechts an einem Bach, überall mit Pappeln und Weiden umgeben, die denn hier zur Feuerung dienen. Das Erdreich ist hier sehr arm, kaum drei bis vier Zoll tief, so ist man auf der Kreide. Daher wird schnell gepflügt und viel bestreift; es scheint viel brach zu liegen.

Man brennt in der hiesigen Gegend Steinkohlen, die unweit Sainte Ménéhould und bei Troies gegraben werden. Bei Sainte Ménéhould (zehn Lieues von Chalons) fångt es wieder an hügelig zu werden. Ein Wald von Obstbäumen erstreckt sich fast ein paar Lieues zwischen Sainte Ménéhould und Elermont; dieser lettere Ort verkauft in guten Jahren für zwölftausend Livres Kirschen. - Auf den Bergen von Clermont findet man schöne Waldungen, wovon die vielen Glashütten um Eler

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